Preservation Policy: Richtlinien zur digitalen Langzeitarchivierung der ZBW

Version 1.5 vom 15.01.2024, Autorinnen: Monika Zarnitz / Yvonne Tunnat

1. Einleitung

Die Preservation Policy der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft hält die institutionellen Richtlinien für die digitale Langzeitarchivierung fest.

Die ZBW betreibt gemeinsam mit den anderen beiden Deutschen Zentralen Fachbibliotheken – Leibniz-Informationszentrum Technik und Naturwissenschaften, Hannover und ZB MED (ZB MED - Informationszentrum Lebenswissenschaften, Köln/Bonn) ein gemeinsames digitales Langzeitarchivierungssystem.

Die Preservation Policy der drei Zentralen Fachbibliotheken [1]  hält für alle drei Bibliotheken die gültigen Richtlinien für die digitale Langzeitarchivierung und den Umgang mit dem gemeinsamen Langzeitarchivierungssystem fest. Die ZBW Preservation Policy enthält die institutionellen Richtlinien zur Langzeitarchivierung bezogen auf die Inhalte der ZBW und die Interessen der Nutzer:innen der ZBW. Die Policy dient dazu, diese sowohl für die Nutzer:innen der ZBW als auch für die Datenproduzent:innen zugänglich zu machen.

Die Policy wird mindestens jährlich auf Aktualisierungsbedarf geprüft, zum Beispiel was die Aktualität des Sammelprofils oder die Langzeitarchivierungspraxis betrifft.

2. Mission

Die ZBW beschafft in- und ausländische Literatur ihres Sammelgebiets (siehe Kap 2.2), erschließt ihren Bestand formal und inhaltlich, stellt ihn überregional zur Verfügung und sichert die langfristige Verfügbarkeit der Inhalte.

2.1 Mandat, Aufgabe, Zielgruppen

Als Deutsche Zentrale Fachbibliothek ist es Aufgabe der ZBW, Literatur und Fachinformationen aus dem Bereich Wirtschaftswissenschaften zu beschaffen, zu erschließen und ihren Zielgruppen dauerhaft verfügbar zu halten.

Ein stetig wachsender Teil der Bestände, zum Beispiel Dissertationen und Arbeitspapiere besteht aus digitalen Dateien. Die ZBW in ihrer Funktion als Deutsche Zentrale Fachbibliothek ist dafür verantwortlich, dass die digitalen Inhalte, die sie sammelt, lizensiert oder mittels Retrodigitalisierung des eigenen Bestands selbst erstellt und auf eigenen Servern vorhält, langfristig und nachhaltig verfügbar bleiben.

Die ZBW sichert die Langzeitverfügbarkeit für die Nutzergruppen, insbesondere für die wirtschaftswissenschaftliche Forschungsgemeinschaft im In- und Ausland. Die interessierte Öffentlichkeit kann die Dienste und Bestände der ZBW auch nutzen. Die Interessen dieser externen Gruppen sind bei der digitalen Langzeitarchivierung zu beachten, wenn auch das digitale Langzeitarchiv der ZBW ein sogenanntes „dark archive“ ist, welches keinen direkten Zugang für Externe vorsieht. Weiterhin gehören neben diesen externen Gruppen die Kolleg:innen aus der ZBW zu den Zielgruppen der digitalen Langzeitarchivierung, die elektronische Dienste betreuen, die nachhaltig angeboten werden sollen (zum Beispiel die Kolleg:innen, die den Open-Access-Server EconStor betreuen).

2.2 Sammlungsprofil

Die ZBW erwirbt und erschließt weltweit erscheinende wirtschaftswissenschaftliche Literatur und für die Wirtschaftswissenschaften relevante Quellen. Sie ermöglicht den deutschlandweiten Zugang. Sie gestaltet aktiv die Transformation zu Open Access und unterstützt Open Access für wirtschaftswissenschaftliche Publikationen aus deutschen Wissenschaftseinrichtungen.

Dabei werden in gleicher Weise die Volkswirtschaftslehre und Betriebswirtschaftslehre berücksichtigt. Die Erwerbung der ZBW berücksichtigt auch angrenzende Fachgebiete im Sinne der Interdisziplinarität und für die Wirtschaftswissenschaften relevante Hilfswissenschaften.

Generell erwirbt die ZBW wirtschaftswissenschaftliche Publikationen und für die Wirtschaftswissenschaften relevante Quellen ohne geografische Einschränkung (weltweit). Die Erwerbungsintensität der ZBW reflektiert die Bedeutung von Forschungsergebnissen aus den Wissenschaftseinrichtungen und ist abgestuft nach Ländern und Regionen.

Für Deutschland wird eine möglichst vollständige Erwerbung der in den Wirtschaftswissenschaften publizierten Literatur angestrebt. Die Erwerbung von wirtschaftswissenschaftlichen Quellen erfolgt in umfassender Auswahl. Für die Vereinigten Staaten von Amerika werden wirtschaftswissenschaftliche Publikationen in umfassender Auswahl erworben. Auf einzelne Regionen des Landes bezogene Literatur und wirtschaftswissenschaftlich relevante Quellen werden in Auswahl erworben. Für alle anderen Regionen der Welt werden wirtschaftswissenschaftliche Publikationen in repräsentativer Auswahl erworben.

Einen Sammelschwerpunkt bilden die Publikationen internationaler Wirtschaftsorganisationen, die Publikationen der führenden Business Schools, Wirtschaftshochschulen und Wirtschaftsforschungsinstitute sowie der nationalen Zentralbanken, die in umfassender Auswahl erworben werden.

Die ZBW erwirbt Publikationen unabhängig vom Format und Publikationsart; bevorzugt wird jedoch unter Berücksichtigung der lizenzrechtlichen Rahmenbedingungen die Erwerbung der Online-Ressourcen. Der Erwerbung sogenannter „grauer Literatur“ kommt eine besondere Bedeutung zu.

Die ZBW strebt eine dauerhafte Verfügbarkeit und eine umfassende Archivierung der erworbenen Publikationen an. Die Archivierung von Online-Publikationen ist dabei im Einzelfall abhängig von den technischen, institutionellen und lizenzrechtlichen Rahmenbedingungen. Eine Archivierung von aggregierten Datenbanken wird nicht angestrebt.

3. Prinzipien der digitalen Langzeitarchivierung

Die ZBW ist bestrebt, die Lesbarkeit der digitalen Objekte ihres Bestands langfristig zu sichern. Da Dateiformate und Interpretationssoftware rasch veralten können und die Informationen der digitalen Daten dann gegebenenfalls nur noch mit hohem Aufwand wieder lesbar gemacht werden können, sorgt die ZBW im Rahmen der digitalen Langzeitarchivierung dafür, die Risiken der Veralterung digitaler Daten zu minimieren.

Die Übernahme der bereits an der ZBW auf eigenen Servern gehosteten Materialien in das digitale Langzeitarchiv erfolgt in der Regel dann, wenn keine Änderungen mehr an dem Objekt und den dazugehörigen inhaltlichen Metadaten zu erwarten sind. Sollte nach der Überführung in das digitale Archiv noch eine Änderung erfolgen, erfolgt eine Aktualisierung im digitalen Archiv; die originalen Daten werden ebenfalls weiterhin gespeichert und nicht entfernt.

Die Gruppe Digitale Langzeitarchivierung ist fester Bestandteil der ZBW. Die ZBW setzt vorranging und hauptsächlich auf automatisierte Prozesse und Workflows, um die personellen Ressourcen zu schonen und um die stetig wachsende Zahl der digitalen Objekte optimal bewältigen zu können. Daher sind die Workflows auf ein Vielfaches des jetzigen digitalen Bestandes skalierbar.

Die ZBW ist außerdem bestrebt, die auf dem Gebiet der Langzeitarchivierung üblichen Best Practices einzuhalten und sich ihre Sorgfalt, Vertrauenswürdigkeit und Transparenz bezüglich der Archivierung der digitalen Inhalte zertifizieren und bestätigen zu lassen, beispielsweise durch das

Data Seal of Approval

und durch das nestor Siegel (Zertifizierung auf Grundlage der DIN-Norm 31644)[5].

3.1 Preservation Watch, Kooperationen und Netzwerke

Es ist Aufgabe und Anliegen der Kolleg:innen der Gruppe der Digitalen Langzeitarchivierung, sich stets mit technischen Neuerungen auseinanderzusetzen, diese zu beobachten und über neueste Entwicklungen und Best Practices anderer in der Langzeitarchivierung tätiger Institutionen informiert zu sein und die LZA-Strategie daran anzupassen. Aufgrund der vielen Neuerungen in diesem Bereich werden, wenn möglich und sinnvoll, auch nationale und internationale Konferenzen besucht. Die ZBW ist außerdem aktiv im deutschsprachigen Kompetenznetzwerk nestor [4] und bei der international tätigen Open Preservation Foundation [6].

3.2 Metadaten

Alle bereits erfassten deskriptiven Metadaten werden gemeinsam mit dem digitalen Objekt an das digitale Archiv übergeben. Sofern ein Eintrag im Verbundkatalog GVK [7] besteht, werden die digitalen Objekte zusätzlich mit Metadaten aus dem Verbundkatalog angereichert. Darüber hinaus werden für die Sicherstellung der langfristigen Lesbarkeit nützliche technischen Metadaten beim Überführen in das Archiv automatisiert erhoben (siehe Metadaten im digitalen Langzeitarchiv [10]).

3.3 Rechtliches

In der Regel wird die Erlaubnis zur digitalen Langzeitarchivierung vom Produzenten eingeholt. Wurden der ZBW diese Rechte nicht erteilt, erfolgt die Langzeitarchivierung auf Basis der gesetzlichen Schrankenregelungen.

3.4. Preservation Level

Bei der reinen Bitstream Preservation handelt es sich nur um die Erhaltung des Bitstreams. Die Bitstream Preservation sieht keinerlei Bearbeitung der Inhalte vor.

In der Regel ist die ZBW bestrebt, für alle von ihr akquirierten und erstellten digitalen Inhalte nicht nur die reine Bitstream Preservation, sondern die Erhaltung der Lesbarkeit und Nutzbarkeit zu gewährleisten. Dies kann auch die Überführung der Inhalte in andere Formate bedeuten, die für die Langzeitverfügbarkeit besser geeignet sind (siehe 3.7).

Für einige Inhalte ist dies jedoch nicht möglich, so beispielsweise für vom Datenproduzenten mit einem Passwort geschützte Inhalte, die eine Bearbeitung verhindern. Rechtlich ist es nicht möglich, diesen Schutz zu umgehen. Sofern es nicht möglich ist oder verwehrt wird, eine Version der Inhalte ohne Passwortschutz zu erlangen, wird bei solcherlei Inhalten lediglich der originäre Bitstream erhalten.

3.5. Erhalt der Datenintegrität

Die Integrität der archivierten Inhalte wird nach jedem lesenden Zugriff mittels Checksummen geprüft. Durch die redundante Speicherung der Objekte können jene Inhalte, die nicht mehr integer sind und beispielsweise Bitfehler enthalten, stets umgehend durch eine intakte Version ersetzt werden.

3.6 Erhalt der Authentizität

Die ursprünglich in das digitale Archiv überführten Inhalte werden grundsätzlich erhalten. Die darüber hinaus erstellten Präsentationen (Derivate) zum Erhalt der dauerhaften Lesbarkeit werden lediglich zusätzlich gespeichert und ersetzen nicht das Original (siehe Risiko Management und Preservation Planning im digitalen Langzeitarchiv der ZBW [8]).

3.7 Erhalt der Vollständigkeit

Die Inhalte im Archiv werden vollständig erhalten, dies bedeutet, dass alle zu einer Einheit gehörigen Dateien und Metadaten stets in ihrer Gesamtheit erhalten werden.

3.8 Erhalt der Lesbarkeit

Sofern die für die digitale Langzeitarchivierung verantwortlichen Personen der ZBW einen Einfluss darauf haben, in welchem Dateiformat die digitalen Objekte von den Datenproduzenten übernommen werden, beziehungsweise – im Falle der Retrodigitalisierung – in welchen Formaten die zu archivierenden Inhalte gespeichert werden, gelten folgende Richtlinien für Dateiformate (Details hierzu in der Dateiformat Policy [9]):

  • normiert und standardisiert (z. B. durch eine ISO-Norm)
  • nicht von einer einzigen/ einigen wenigen Programmen abhängig
  • (vorzugsweise weltweit) verbreitet mit hohem Nutzungsgrad
  • offenes oder offen gelegtes Format

Im Rahmen des Risikomanagements und des Preservation Planning werden sofern möglich bereits archivierte Inhalte in bevorzugte Dateiformate übertragen. Das Preservation Planning beinhaltet beispielsweise die  Prüfung der Aktualität der im Archiv vorhandenen Dateiformate und die Prüfung der Qualität der archivierten Einheiten bezüglich der Einhaltung der Dateispezifikationen. Detaillierte Informationen zum Risikomanagement und Preservation Planning finden sich in der hierfür erstellten Workflow-Dokumentation [8].

3.9 Erhalt der Auffindbarkeit

Alle in das digitale Archiv überführten Inhalte haben in ihren Metadaten mindestens einen persistent Identifier, der auch in den Metadaten auf der Repräsentationsplattform hinterlegt ist. Außerdem erhalten die Inhalte noch einen Identifier innerhalb des digitalen Archivs.

Alle deskriptiven und technischen Metadaten sind aktiv durchsuchbar, daher sind alle Inhalte auf vielerlei Weise im Archiv auffindbar. Sofern sinnvoll, sind die Inhalte außerdem zu logischen Sammlungen zusammengestellt.

3.10 Wahrung der Vertraulichkeit

Das digitale Archiv bietet ein umfangreiches Management zu Zugangsrechten mit vielfältigen Konfigurationsmöglichkeiten. So wird stets sichergestellt, dass keine unbefugten Personen Zugriff auf die Inhalte erhalten können und auch Sperrfristen eingehalten werden. Obwohl das digitale Archiv zurzeit als „dark archive“ betrieben wird, sind nicht urheberrechtsfreie Inhalte stets so gekennzeichnet für den Fall, dass das Archiv vor Ablauf der Schutzfrist in ein „light archive“ mit Zugriff von außen umgewandelt wird.

3.11 Dokumentation der Prozesse

Alle im digitalen Archiv vorgenommen Konfigurationen und Workflows sind dokumentiert und werden regelmäßig aktualisiert und allen Mitarbeiter:innen der digitalen Langzeitarchivierung aller drei Bibliotheken zur Verfügung gestellt.

Darüber hinaus werden Tutorials erstellt, die die Durchführung der Workflows vermitteln und auch für neue Mitarbeiter:innen eine Erleichterung darstellen und das Fehlerrisiko verringern. Die Workflows sind auch für jene Kolleg:innen sichtbar, die die Verantwortung für die Inhalte auf den jeweiligen Access-Plattformen innehaben.

Alle Workflows werden stets optimiert und weiterentwickelt und die Dokumentation entsprechend aktualisiert.

3.12 Zugriff und Nutzung

Das Digitale Langzeitarchiv sieht für die Inhalte der ZBW keinen Zugriff von außen vor und wird als reines Dark Archive betrieben. Zugriff auf die Inhalte haben ausschließlich die Kolleg:innen der Gruppe digitale Langzeitarchivierung. Der Zugriff auf die digitalen Daten erfolgt über ihre jeweiligen Repräsentationsplattformen, notwendige Einschränkungen des Zugriffs werden daher ebenfalls über diese Plattformen geregelt.

4. Technische Infrastruktur

Das digitale Archiv wird gemeinsam von den drei Zentralen Fachbibliotheken genutzt. Das digitale Langzeitarchiv beinhaltet alle Komponenten, die im OAIS-Modell beschrieben sind:

  • Ingest
  • Data Management
  • Archival Storage: Die Aufbewahrung der Daten erfolgt im Rechenzentrum der TIB in Hannover(Preservation Policy der drei Zentralen Fachbibliotheken [1]).
  • Preservation Planning
  • Administration: zum Beispiel Nutzerverwaltung
  • Access: Der Zugriff auf die Daten erfolgt ausschließlich durch Personal.

5. Verantwortlichkeiten

Die Langzeitarchivierung ist fester Bestandteil der Aufgaben der ZBW und wird langfristig und nachhaltig wahrgenommen und gesichert. Die Sicherung der digitalen Daten ist Teil der Bestandserhaltung. Verantwortlich für die Erstellung und die regelmäßige Aktualisierung dieser Preservation Policy ist die Gruppe Digitale Langzeitarchivierung der ZBW.