INCONECSS 2025 zeigt: Künstliche Intelligenz verändert die bibliothekarische Praxis weltweit
Kiel/Hamburg, 4. Juni 2025: Die vierte International Conference on Economics and Business Information (INCONECSS) diskutierte am 15. und 16. Mai 2025 unter dem Motto „Research Support in an Age of AI“ die strategische Neuausrichtung von Bibliotheken angesichts zunehmender Mensch-KI-Kollaborationen. 94 Fachexpert:innen aus 34 Ländern erörterten, wie Bibliotheken sich aufstellen, um mit KI-Werkzeugen neue Dienste zu entwickeln und forschungsnahe Infrastrukturen zu stärken.
Die Integration Künstlicher Intelligenz verändert zunehmend die wissenschaftliche Praxis – von der Datenanalyse bis zur Textproduktion. Diese Entwicklung stellt auch Bibliotheken vor ständig neue Aufgaben. Welche Rolle nehmen sie in einer von KI geprägten Wissenschaft ein? Welche Unterstützungsleistungen erwarten Forschende künftig? Diese Fragen standen im Zentrum der vierten INCONECSS – International Conference on Economics and Business Information, die am 15. und 16. Mai 2025 in Berlin stattfand.
Unter dem Leitthema „Research Support in an Age of AI“ versammelte die von der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft veranstaltete Fachkonferenz rund 100 Teilnehmende aus 34 Ländern aus wissenschaftlichen Bibliotheken, Infrastruktureinrichtungen und der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung. Die Konferenz bot eine Plattform für den internationalen Austausch zu aktuellen Entwicklungen in der Forschungsunterstützung.
Die Keynote von Dr. Leo Lo (University of New Mexico, USA) stellte den Begriff „AI Literacy“ in den Mittelpunkt – ein Konzept, das die aktive und reflektierte Nutzung von KI-Werkzeugen im Wissenschaftskontext beschreibt. Bibliotheken, so die zentrale Botschaft, sollten als Vermittlungsinstanzen fungieren, Nutzer:innen beim Erwerb entsprechender Kompetenzen unterstützen, aber auch das eigene Personal zum Thema fortbilden.
Das Panel am zweiten Konferenztag mit Dave Hansen (Authors Alliance), Argie Kasprzik (ZBW), Julia Priess-Buchheit (Universität Kiel) und Charlotte Wien (UiT The Arctic University of Norway) beleuchtete aktuelle Entwicklungen an der Schnittstelle von wissenschaftlichem Publizieren, urheberrechtlichen Fragestellungen und KI-basierten Geschäftsmodellen. In der Diskussion wurde ein breites Spektrum an Positionen sichtbar: Einerseits wurde für mehr Transparenz und freien Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen plädiert – ausgehend von einem idealistisch geprägten Verständnis wissenschaftlicher Autor:innenrechte. Andererseits wurde die Bedeutung international tätiger Verlage mit tragfähigen Erlösmodellen hervorgehoben, insbesondere vor dem Hintergrund zunehmender Unsicherheiten beim Zugang zu staatlich gehosteten Publikationen. Die Beiträge verdeutlichten die Komplexität der Interessen und die Notwendigkeit offener, international geführter Aushandlungsprozesse.
Die internationale Ausrichtung der INCONECSS ermöglichte einen Vergleich institutioneller Herangehensweisen in verschiedenen Ländern. Deutlich wurde dabei: Künstliche Intelligenz ist keine ferne Zukunftstechnologie mehr, sondern prägt bibliothekarische Praxis. Bibliotheken positionieren sich zunehmend als lernende Organisationen – sie erweitern ihr Leistungsportfolio und setzen Impulse für eine verantwortungsvolle Gestaltung des digitalen Wandels in der Wissenschaft.
Thorsten Meyer, Bibliotheksdirektor der ZBW, Vorstandsmitglied des dbv und zentraler Gastgeber der INCONECSS, zieht ein klares Fazit: „Die INCONECSS 2025 zeigte, dass Bibliotheken weltweit beginnen, ihre Rolle im Wissenschaftssystem neu zu definieren. Der Einsatz von KI verändert nicht nur Arbeitsprozesse, sondern auch Erwartungen an wissenschaftliche Infrastruktur. Bibliotheken gestalten digitale Transformation aktiv mit und schaffen zugleich Orientierung in einem dynamischen, technologisch geprägten Umfeld.“